Das Buch Job(s): The Journey is the Reward

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Die Biographie von Steve Jobs erzählt ein modernes Märchen – wären nicht zwei Einschränkungen zu formulieren: Die Identifikation mit dem Helden fällt einem schwer. Und: Das Happy End bleibt aus. Leider.

Das Leben des Apple Gründers verfügt über alle Zutaten, die einem filmreifen Leben die richtige Würze geben. Zur Adoption frei gegeben, als – wie man in Österreich sagen würde – bloßhapperter Studienabbrecher und Hippie in jungen Jahren auf der Suche nach innerer Erleuchtung auch in Indien unterwegs, ist er zeit seines Lebens als eine Art Mischung aus Künstler und „Businessman“ unerbittlich einer Vision verpflichtet, die erst nach vielen Niederlagen und Rückschlägen zur wirklichen beruflichen Kür wird. An seinem viel zu frühen Lebensabend darf er im vollen Bewusstsein erleben, dass sein von ihm gegründetes Unternehmen zu den wertvollsten der Welt zählt.

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Vorausschicken möchte ich: Ich bin kein Apple Glaubensanhänger der ersten Stunde. Im Gegenteil: Mich hat Windows quasi sozialisiert. Vieles von Apple hielt ich jahrelang für einen „Schmäh“ und eine Art Dünkel. Ausschlaggebend waren wohl der höhere Preis und die weniger leicht verfügbare Software (ja, ja). Die Grabenkämpfe zwischen Apfel und „Dose“ amüsierten mich, auch wenn kein Zweifel bestand, auf wessen Seite ich stand. Heute bereue ich das fast ein wenig. Nach der Lektüre von Steve Jobs Biographie (Walter Isaacson, 2011) sehe ich die Geschichte von Apple – und damit wohl auch des Personal Computings im eigentlichen Sinn – mit anderen Augen. Vor die Wahl gestellt ist man ja im Nachhinein bevorzugt auf der Seite der historischen Revoluzzer. Ich war es nicht. Mein Wechsel folgt erst vor rund drei Jahren, ich habe ihn nicht bereut.

Die Geschichte über Steve Jobs wühlt auf, verstört und ist zugleich unheimlich lehrreich – insbesondere was Unternehmertum abseits der klassischen Lehrbücher betrifft. Erste persönliche Lektionen für mich sind:

1. Im Vordergrund stand für ihn glaubwürdig nie das Streben nach Profit. Jobs hatte eine Idee, besser: eine Vision. Nämlich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technologie Werkzeuge zu schaffen, die das Leben einfacher (und die Welt besser) machen. Wichtige von ihm definierte Anforderung: Hard- und Software im perfekten Zusammenspiel als unschlagbare Kombination. Freilich bilden laufende Gewinne die Voraussetzung, um das aufzubauen.

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2. Steve Jobs war wohl ein Narziss, dessen Fähigkeit zur Empathie mehr als eingeschränkt war. Seine Art Menschen zu führen, war teilweise unerträglich und menschenverachtend. Warum hatte er dennoch Erfolg? Starke Visionen, auf die er einschwören konnte, und Anerkennung für jene, die geblieben sind, dürften einiges wett gemacht haben. Und: Im Gegenzug ließ er Kritik und Widerspruch zu, damit hielt er eine gewisse Augenhöhe mit jenen Mitarbeitern, auf die er große Stücke hielt.

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3. Er war ein „gewöhnlicher Kerl“ im positiven Sinn. Vergleichsweise bescheiden, geerdet und verdammt nah an den Produkten und Services seiner Firma – auf der konsequenten Suche nach Vereinfachung. Auch wenn diese „Nahbarkeit“ aus Anekdoten von emails direkt an ihn, die er persönlich beantwortete, bekannt war, überrascht mich das Ausmaß dann doch. Meine These: Den Nokia Verantwortlichen und Sony Chefs waren und sind seit vielen Jahren ihre Produkte relativ egal, leider merkt man das.

4. Von Steve Jobs lernen, heißt auch zu lernen, wie viel eine Einzelperson bewegen kann. Wichtige Eigenschaft: Fokus, Fokus, Fokus. Und: So absurd es klingen mag, aber seine oft sehr verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit dürfte ein wesentlicher Erfolgsfaktor (und Energiespender) auf seinem Lebensweg gewesen sein. Traurige Ironie dabei ist, dass sie ihm bei seiner Krankheit wohl zum Verhängnis geworden ist.

5. Wer glaubt, Steve Jobs war in erster Linie auf die Marke fixiert, irrt. Sein Fokus war – auch ausdrücklich im Unterschied zu selbsternannten Entrepreuneren, „die nur wieder rasch verkaufen wollen“, eine langfristig erfolgreiche Unternehmensorganisation zu schaffen und – über seinen Tod hinaus – zu etablieren. (HP war ihm dabei abschreckendes Beispiel.) Der von ihm identifizierte Schlüssel: Das erfolgreiche Rekrutieren von Talenten. Auf einem anderen Blatt steht im Umgang mit Menschen seine verblüffend vereinfachende Einteilung in „Shitheads“ einerseits und Genies andererseits.

6. Historisch erhellend war für mich das enge Verhältnis zwischen Bill Gates und Steve Jobs bereits seit jungen Jahren. So unterschiedlich die beiden Charaktäre sind, so ähnlich verlief deren berufliche Laufbahn mit allen – gewissermaßen komplementären – Höhen und Tiefen. Nachlesenswert.

7. Wenig überraschend: Seine Liebe zum Design als Alleinstellungsmerkmal der Apple Produkte, aber auch als – vom Mitbewerber bei zahlreichen Gelegenheiten unterschätzte – Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg der Produkte. Wer die Ausführungen liest, sieht nicht nur Apple Produkte noch mal mit anderen Augen, sondern unterschätzt die Bedeutung von Design nie wieder. Die Schattenseite kommt auch im Buch nicht zu kurz: Die nur widerwillige Bereitschaft, „Fremdes“ auf den eigenen Geräten zuzulassen, auch um die Simplizität zu wahren, führt zu geschlossenen Systemen und Kontrollwahn. Gut gemeint ist halt nicht selten das Gegenteil von gut.

8. Ein tröstender Schlüsselsatz im Buch, den ich mir ins Stammbuch schreibe, auch weil er viel treffender ist als „der Weg ist das Ziel“ lautet:

The journey is the reward.

Written on my iPad.

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